Der Sustainable Process Index
Der Sustainable Process Index (SPI) wurde von Krotscheck und Narodoslawsky [1-3] entwickelt und basiert auf der Annahme dass eine nachhaltige Ökonomie als einzige Einnahmequelle die solare Einstrahlung besitzt. Die meisten natürlichen Prozesse werden durch Sonnenenergie angetrieben und benötigen Fläche um diverse Dienstleistungen bieten zu können. Fläche ist eine limitierte Ressource daraus folgt dass auch eine nachhaltige Ökonomie durch die begrenzt Verfügbare Fläche auf der Erde limitiert ist. Deshalb ist die funktionelle Einheit des SPI die Fläche. Desto mehr Fläche ein Prozess benötigt um eine Dienstleistung bereitzustellen, desto mehr kostet diese Dienstleistung von einem ökologisch nachhaltigem Standpunkt betrachtet.
Menschliche Aktivitäten verursachen Einflüsse auf die umgebende Natur durch verschiedenste Art und Weise. Einerseits werden Rohmaterialen, Arbeitskraft und Fläche für Infrastrukturen benötigt. Andererseits werden neben den gewollten Produkten auch Emissionen und Abfall produziert. Konsequenterweise beinhaltet das SPI Konzept alle verschiedenen ökologischen Drücke welche auf die Natur wirken. Die Summe des SPI wird auf folgende Weise berechnet:
Atot = AR + AE + AI + AS + AP | [m2] | (1) | |||||
AR = ARR + ARF + ARN | [m2] | (2) | |||||
AI = AID + AII | [m2] | (3) |
Flächen auf der rechten Seite der Gleichungen sind "Teilflächen", welche auf verschiedenste Kategorien von Einflüssen hindeuten. AR, Fläche welche für die Produktion von Rohstoffen benötigt wird, berechnet sich aus Fläche für erneuerbare Rohstoffe (ARR), Fläche für fossile Rohstoffe (ARF) und Fläche für nicht-erneuerbare Rohstoffe (ARN). AE bezeichnet die Fläche welche notwendig ist Prozessenergie inklusive Elektrizität bereitzustellen. AI stellt die Gesamtfläche aus Infrastrukturinstallationen dar welche sich wieder um aus direktem Landverbrauch (AID) und Fläche für Gebäude und Infrastrukturinstallationen (AII) zusammensetzt. AS ist die Fläche welche für Arbeitskraft vorgesehen ist und AP die die Teilfläche zur Dissipation von Emissionen in Luft, Wasser und Boden.
Die SPI Methode basiert auf dem Vergleich von natürlichen mit technologischen Materialflüssen. Die Umwandlung von Massen- und Energieflüssen erfolgt streng nach zwei Prinzipien der Nachhaltigkeit [4]
Prinzip 1: Anthropogene Massenflüsse dürfen globale Materialzyklen nichtverändern. Der Referenzwert für globale Zyklen (z.B.: globaler Kohlenstoffkreislauf)ist die Rückflussrate zum jeweiligen Langzeitspeicher. Menschliche Aktivitäten müssen sich an diese Flussraten anpassen um eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu garantieren.
Prinzip 2: Anthropogene Massenflüsse dürfen die Qualität lokaler Umweltkompartimente nicht verändern. Der SPI definiert die erlaubte Dissipationsrate für Stoffflüsse in die Natur basierend auf natürlich Qualitäten von Kompartimenten und deren Erneuerungsraten.
Für einige Stoffflüsse wie z.B.: Landverbrauch oder Kultivierung von erneuerbaren Ressourcen (ARR), ist eine Umwandlung in Fläche relative simpel. Flächenverbrauch wird durch den durchschnittlichen Ertrag einer erneuerbaren Ressource und beanspruchte Fläche errechnet. Wobei immer der gesamte Lebenszyklus der Landwirtschaft mitbetrachtet wird und somit auch fossile Rohstoffe eine Rolle spielen.
Die Fläche für fossile Ressourcen wird durch die Sedimentationsrate von Kohlenstoff auf dem Meeresboden ermittelt. Dieser Prozess liefert auf lange Sicht wieder Kohlenstoff zurück in den Langzeitspeicher Rohöl.
Die Umwandlung von nicht erneuerbaren Rohstoffen (z.B.: Metalle) ist schwieriger, da kein globaler Zyklus existiert. Deren Benützung ist inhärent dissipativ (nicht erneuerbare Rohstoffe werden nicht weniger, sondern nur auf der Erde verteilt). Deshalb wir die Benutzung dieser Rohstoffe von 2 Seiten betrachtet. Die Herstellung der Metalle (aus Erzen) und die Verteilung durch Emissionen und Abfälle in die Natur. Dieser Bereich wird in der Teilfläche ARN berücksichtigt. Der volle Lebenszyklus von der Extraktion aus dem Boden bis hin zum fertigen Metall wird dabei berücksichtigt. Nach dem 2. Prinzip werden Emissionen in Luft, Wasser und Boden berechnet. Für die meisten Substanzen ist die natürliche Konzentration in den unbelasteten Kompartimenten (Grund)-wasser und Boden bekannt. Für diese zwei Kompartimente wird eine lokale Regenerationsrate definiert und basierend darauf ein ökologischer Teilfußabdruck errechnet. Im Bereich Wasser definiert der lokale Niederschlag die Regenerationsrate und im Bereich Boden der lokale Biomasse-zu-Humus-Aufbau pro Jahr (am besten gemessen durch Produktion von Biomasse zu Kompost pro Jahr und Fläche). Somit ist die Fläche für eine "nachhaltige Dissipation" von Emissionen definiert durch die Gesamtfläche welche nötig ist genug Grundwasser und Biomasse nachzubilden um die Emissionen nachhaltig aufzunehmen. Emissionen in Luft werden leicht unterschiedlich behandelt, da keine natürliche Erneuerungsrate für Luft existiert. Hier wird die natürliche Austauschrate von Substanzen (meist bekannt) zwischen Wäldern und Luft pro Flächeneinheit als Referenz herangezogen. Für einen gegeben Emissionsstrom in Luft alle Dissipationsflächen (jedoch immer nur das finale Kompartiment) werden zur Berechnung herangezogen. Aus allen 3 Emissionsflächen wird immer nur die größte Fläche ermittelt, da ein und dieselbe Fläche nicht nur exklusive eine Emission aufnehmen kann, sondern auch Emissionen andere Kompartimente ohne dabei Prinzip 2 zu verletzen.
Die technologische Optimierung der Umwelteinflüsse pro Produkt oder Serviceeinheit ist ein Hauptziel. Deshalb wird der Gesamtfußabdruck (auch SPI Wert genannt), durch die Anzahl der Produkte dividiert:
atot = Atot / NP | [m2.a/unit] | (4) |
NP ist die Anzahl der Produkte oder Serviceeinheiten welche durch einen Prozess bereitgestellt werden, innerhalb einer definierten Referenzperiode (üblicherweise 1 Jahr). Die Fläche welche sich aus einem spezifischen Prozess errechnet, bezogen euf eine Serviceinheit, kann mit der Fläche relativiert werden, welche statistisch einer Person pro Jahr zusteht. Diese Relation repräsentiert die "Kosten" zur Bereitstellung, in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit.
SPI index = atot / ain | [cap/unit] | (5) |
wobei ain die statistische Fläche verfügbare Fläche pro Einwohner einer Region ist. Desto niedriger der SPI index, desto nachhaltiger ist das betrachtete Produkt bzw. der betrachtete Service.
Die Ergebnisse der SPI Berechnung liefern eine Vielzahl von Informationen. Der SPI index gibt Auskunft über die ökologischen "Kosten" eines Produktes oder Services. Die Teilflächen (Gleichung (1) bis (3)) erlauben die Identifizierung der größten Beiträge zum Gesamteinfluss anhand der verschiedenen Impact-Kategorien. Folgt man der Prozessketten, lassen sich wertvolle Informationen über die Beiträge der Sub-Prozesse zum Endprodukt ableiten. Dies gibt Aufschluss über Optimierungspotentiale und alternative Vorgehensweisen, welche einen spürbaren Effekt auf das Endprodukt haben können. Zugleich ist sofort das Verhältnis von Sub-Prozesse und deren Beiträge zum Endprodukt erkennbar. Dies erlaubt die Gewichtung der Mächtigkeit von Veränderungen in der Prozesskette und erlaubt es dem Ingenieur Prioritäten zu setzen.
Alle Teilfußabdrücke berechnet aus Massen-, Energie- und Emissions-Inventories eines jeden Sub-Prozesses werden anteilsmäßig aufsummiert um dem Endprodukt zugeschrieben. Dabei ist atot der gesamte Fußabdruck eines Produktes pro Einheit. Um eine bessere Sichtbarkeit der verschiedensten Impact-Kategorien und deren Herkunft zu gewährleisten, wurden 7 verschiedene Kategorien definiert und mit verschiedenen Farben belegt:
- Flächenverbrauch
- Verbrauch nicht-erneuerbarer Rohstoffe
- Verbrauch erneuerbarer Rohstoffe
- Verbrauch fossiler Rohstoffe
- Emissionen in Luft
- Emissionen in Wasser
- Emissionen in Boden
Flächenverbrauch, Verbrauch nicht-erneuerbarer Rohstoffe, Verbrauch erneuerbarer Rohstoffe und Verbrauch fossiler Rohstoffe werden für jeden Sub-Prozess ermittelt in Flächen umgerechnet und aufsummiert. Für Emissionen in Luft, Wasser und Boden wird in jedem Sub-Prozess die jeweils größte Teilfläche ermittelt und nur diese dem Teilfußabdruck des Prozesses hinzugerechnet. Die Teilfußabdrücke werden von Sub-Prozess zu Sub-Prozess weitergereicht, bis hin zum Kopfprozess welcher auch das Endprodukt beinhaltet.
[1] Krotscheck, C., M. Narodoslawsky (1996). The Sustainable Process Index - A new Dimension in Ecological Evaluation. Ecological Engineering 6/4 (1996) pp. 241-258
[2] Narodoslawsky M, Krotscheck C. The sustainable process index (SPI): evaluating processes according to environmental compatibility. Journal of Hazardous Materials 1995; 41(2-3): 383
[3] Krotscheck C, Narodoslawsky M. The Sustainable Process Index A new dimension in ecological evaluation. Ecological Engineering 1996; 6(4): 241
[4] SUSTAIN (1994) Forschungs- und Entwicklungsbedarf für den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise in Österreich